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KI trifft auf Rollformen

Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) auch in der Profilfertigung? Mit Erteilung des Patentes EP 3618981 („rollforming unit with sensor-rollforming frame“) wurde es amtlich: data M’s neueste COPRA Technologie verbindet intelligente Software mit der Rollformanlage und Sensorik. Das ermöglicht beispielsweise den Einsatz von Assistenzsystemen in der Produktion. data M’s Technologie arbeitet unabhängig vom jeweiligen Maschinenhersteller. Sie kann auch in bestehende Produktionsanlagen integriert werden (Retrofitting).

Künstliche Intelligenz

Die Grundidee von Künstlicher Intelligenz ist das eigenständige Erlernen der Regeln, nach denen ein Programm entscheidet, z.B. durch das Erkennen von Mustern in Datensätzen. Dadurch unterscheidet sich ein KI-basiertes Programm von einem traditionellen, in welchem die Entscheidungsregeln von einem Menschen vorgegeben werden. KI-basierte Programme sind somit Algorithmen, welche Erkenntnisse erlernen und wahrscheinlichkeitsbasierte Vorhersagen treffen können. Der Mensch gibt dabei die notwendigen Daten und ein geeignetes Rahmenwerk vor, woraufhin das Programm die Regeln entsprechend selbst anpasst. Das Resultat ist eine schnellere Musterkennung durch die KI, als es von Menschen möglich wäre.

Was heutzutage meist unter KI verstanden wird, ist der Unterbereich des maschinellen Lernens (Machine Learning), in welchem die folgenden drei Ansätze aktuell vorherrschend sind:

  1. Supervised Learning (Überwachtes Lernen)
  2. Unsupervised Learning (Unüberwachtes Lernen)
  3. Reinforcement Learning (Bestärkendes Lernen)

Beim überwachten Lernen werden dem Algorithmus beschriftete (d.h. zu den Eingaben des Trainingsdatensatzes existieren bereits definierte Ausgaben) Datensätze übergeben, damit dieser beispielsweise neue Eingangsdaten nach den erkannten Mustern klassifizieren kann. Beim unüberwachten Lernen fehlt die Beschriftung des Trainingsdatensatzes und das Ziel liegt häufiger in der reinen Mustererkennung oder der Gruppierung der Daten. Das bestärkende Lernen verwendet das Prinzip der Belohnung und Bestrafung, um im Trial-and-Error-Verfahren die Belohnung zu maximieren.

Mögliche Anwendungsgebiete dieser drei Methoden in Produktionsprozessen zeigt Abbildung 1.

Für jede dieser Methoden gilt unabhängig vom Einsatzbereich die Voraussetzung von qualitativ und quantitativ hochwertigen Datensätzen, da nur so Modelle mit ausreichender Präzision trainiert werden können.

Datensammlung und data M‘s Vorarbeiten in IntWal17

Wie im Abschnitt „Künstliche Intelligenz“ erwähnt, ist die Grundvoraussetzung für sinnvolle KI-Anwendungen ein hochwertiger Datensatz. In der Produktionstechnik bedeutet dies, die Parameter des Produktionsvorganges zu bestimmen und anschließend mit geeigneter Sensorik aufzuzeichnen.

In diesem Bereich der Datensammlung konnte data M seine Expertise bereits unter Beweis stellen, z.B. im staatlich geförderten Projekt „IntWal17“. In diesem bereits 2017 startenden Projekt wurden die Prozessparameter des Rollformvorganges bestimmt, wie in Abbildung 2 zu sehen ist.

Um diese Parameter zu messen und somit einen für KI-Anwendungen geeigneten Datensatz zu schaffen, wurde von data M eigens ein Sensorensystem und ein Edge Device entwickelt.

Das entwickelte Sensorensystem kann in die Gruppen „Basic“ und „Advanced“ unterteilt werden. Die Gruppe „Basic“ umfasst leicht installierbare Sensoren wie beispielsweise Reibräder und Lichtschranken, während die „Advanced“ Gruppe komplexere Sensoren für z.B. eine Profilgeometriemessung enthält. Tabelle 1 stellt die beiden Gruppen gegenüber.

Die Anbindung der Sensoren wurde in Form der COPRA SmartBox umgesetzt, ein universell einsetzbares Edge Device, welches die gesammelten Daten über OPC UA bereitstellen kann. Zusätzlich findet in der COPRA SmartBox bereits eine erste Vorverarbeitung und Visualisierung der Daten statt. Über die integrierte OPC UA Schnittstelle können Sensordaten an beliebige Datenbanksysteme gesendet werden, sei es an eine lokale Datenbank oder an ein Cloud-basiertes System.

Mit dem vorgestellten System ermöglicht data M einen sauberen Datenpool für moderne KI-Anwendungen, wie sie in heutigen Produktionsstätten vermehrt auftreten.

Anwendungsgebiete im Rollformen

Betrachtet man nun speziell das Rollformen und den Nutzen, den diese Branche aus dem großflächigen Sammeln von Produktionsdaten ziehen kann, ergeben sich beispielsweise folgende Anwendungsmöglichkeiten:

  1. Prozessüberwachung
  2. Anomaliedetektion
  3. Assistenzsysteme 

Eine präzise Prozessüberwachung benötigt grundsätzlich keine komplexen Auswertungstools, kann aber dennoch einen erheblichen Mehrwert für den Anwender liefern. Aufbereitete und visualisierte Informationen über Ausfallzeiten, Produktionsauslastung und Bauteilqualität steigern die Prozesseffizienz und somit den Gewinn des Anwenders.

Negativ auf die Prozesseffizienz wirken sich unvorhergesehene Wartungs- und Reparaturarbeiten aus, welche mit KI-gestützter Anomaliedetektion minimiert werden können. Ein negativer Einfluss auf die Wettbewerbssituation kann somit vermieden werden. Das Prinzip der Anomaliedetektion basiert hierfür auf dem Erkennen von denjenigen Mustern in den gemessenen Parametern, welche zu Maschinenausfällen führen. Durch das frühzeitige Erkennen dieser Ausfälle können Reaktionsmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden, wie z.B. die Maschine in einer bereits geplanten Stillstandzeit zu warten. Zusätzlich zu dieser Detektion ist eine Anpassung der Auftragssteuerung durch eine geeignete Rückkoppelung möglich, womit Lieferverzögerungen vermieden werden können.

Ein ebenfalls vielversprechendes Einsatzgebiet von KI bzw. speziell Machine-Learning betrifft Assistenzsysteme zur Produktionsoptimierung und -steuerung. Die Optimierung der Produktion umfasst dabei sowohl die bereits beschriebene Reaktion auf Anomalien, als auch das Prinzip, mithilfe von Machine-Learning Ansätzen in der Planung und Produktion Entscheidungshilfen anzubieten. Dieses Prinzip zu Ende gedacht führt zum Anwendungsfall in der Produktionssteuerung, bei welchem die Anlage automatisch auf Änderungen von externen Faktoren reagiert. Mithilfe des Reinforcement Learning kann zum Beispiel ein Aktor trainiert werden, Stellgrößen im physischen System anzupassen, sodass die daraus resultierenden Folgen eine bestmögliche Bewertung erhalten, wie in Abbildung 3 gezeigt (VDMA 2019).

Fazit

Zusammengefasst sind die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Produktionstechnik vielfältig, jedoch noch nicht ausgereift. In der Vergangenheit legte data M den Grundstein für erfolgreiche KI-Anwendungen im Rollformen und arbeitet nun stetig daran, diese Technologie voran zu treiben.


VDMA (2019): Leitfaden Selbstlernende Produktionsprozesse – Einführungsstrategie Reinforcement Learning in der industriellen Praxis [25.05.2022].